Umbau eines PKW
Umbau eines PKW auf Elektroantrieb
An der Technischen Hochschule Bingen wird seit dem Frühjahr 2011 ein PKW mit Verbrennungsmotor auf einen elektrischen Antrieb mit einem Batteriespeicher umgerüstet. Der Umbau ist eine Fortführung von mehreren vorangegangenen Projekten an diversen elektrischen Leichtkraftfahrzeugen. Mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen und Know-how wird jetzt ein nächster Schritt zu einem größeren Fahrzeug vorgenommen.
Als Spenderfahrzeug dient ein Audi A6 Avant quattro. bei diesem Fahrzeug sind wegen des Allradantriebs verschiedene elektrische Antriebskonzepte vergleichsweise leicht umzusetzen. Das Umbauprojekt ist über mehrere Semester angesetzt. Zum Abschluss soll das Fahrzeug eine Zulassung für den Straßenverkehr erhalten. Gefördert wird der Umbau aus Spenden diverser Industrieunternehmen und durch hochschuleigene Mittel.
Der Umbau erfolgt fast ausschließlich durch studentische Projekte. In den Bachelorstudiengängen Elektrotechnik und Maschinenbau sowie den Masterstudiengängen Elektrotechnik sowie Mechatronik und Automobilsysteme erhalten die angehenden Ingenieure der TH Bingen praxisgerechte Erfahrungen im Bereich des aktuellen Themas Elektromobilität.
Ausbaustufen
Erste Ausbaustufe
Im Sommersemester 2011 führten drei Masterstudenten des Fachbereichs 2 erste grundlegende wissenschaftliche Tätigkeiten in Form der Masterarbeit durch. Nach der Demontage der nicht mehr benötigten Komponenten wie Verbrennungsmotor, Kraftstoffbehälter und Abgasanlage wurden verschiedene Antriebskonzepte durchgerechnet und simuliert. Nach der sechsmonatigen Arbeit war ein zentraler bürstenloser Gleichstrommotor mit zugehhöriger Motorelektronik integriert, der für die ersten Versuchsverfahren genutzt wird.
Im Anschluss an die erste Ausbaustufe wurden im Wintersemester 2011/2012 und im Sommersemester 2012 von Studierenden weitere grundlegende wissenschaftliche Betrachtungen durchgeführt, die sich mit folgenden Themen beschäftigen.
- Untersuchungen von Antriebskonzepten für die zweite Ausbaustufe
- Hochvolt-Sicherheit
- Konzepte zur Erreichung der funktionalen Sicherheit
- Ladestrategie und Energieflussoptimierung
- Verbesserung der Beleuchtungseffizienz
- Neuentwicklung der Cockpitanzeigen
Zweite Ausbaustufe
In der zweiten Ausbaustufe soll der zunächst eingebaute Zentralmotor durch eine leistungsstärkere Variante ersetzt werden. Durch den im PKW vorgesehenen Allradantrieb sind mehrere gänzlich unterschiedliche Antriebskonzepte möglich.
Die einfachste Möglichkeit (Bild 1) besteht darin einen zentralen Motor an die bestehenden Getriebe und Differenziale anzukoppeln. Diese Komponenten erhöhen das Gesamtgewicht und sind zudem mit Verlusten behaftet.
Beim 2-Achsantrieb (Bild 2) (prinzipiell kann auch ein 1-Achsantrieb auf der Vorder- oder Hinterachse verbaut werden) besteht die Möglichkeit ein oder zwei kompakte Antriebsmotoren mit angeflanschtem Getriebe und Differenzial zu verbauen.
Ein völliger Verzicht auf mechanische Differenziale ermöglicht einen Antrieb je Rad (Bild 3). Da die Radaufhängungen unverändert bleiben sollen, bieten sich radnahe Motoren an, die über kurze Antriebswellen mit den Rädern verbunden werden. Jeder Motor wird über eine eigene Leistungselektronik angesteuert. Die Funktion der Differenziale erfolgt elektronisch.
Die tatsächliche Verfügbarkeit von automobilgerechten Antrieben erweist sich derzeit als äußerst gering. Entsprechend liegen die Preise auf hohem Niveau. Die Auswahl des endgültigen Antriebskonzeptes wird neben den technischen Kriterien somit auch von der Verfügbarkeit und den Kosten beeinflusst.
Das Umbauprojekt ist auf mehrere Semester geplant. Die Lernerfolge der Studierenden und das angeeignete Wissen im Bereich der Elektromobilität stehen an oberster Stelle.